Diese Frage sollten Sie sich selbst beantworten können, wenn Sie sich auf die verantwortungsvolle Aufgabe einlassen, die Pflege eines Angehörigen zu übernehmen. Ob man nun an die Aufgabe allmählich herangeführt wird, indem aus der einen oder anderen kleinen Erledigung im Laufe der Zeit immer größere Aufträge werden, oder ob man nach einem Krankenhausaufenthalt plötzlich feststellen muss, dass sich die Eltern nicht mehr gegenseitig helfen können und jemand jetzt für einen Pflegebedürftigen verantwortlich den Alltag und die nötigen ambulanten Hilfen regeln muss. Vielleicht müssen Sie sogar feststellen, dass Ihre Eltern beide Hilfe benötigen, die sie bislang gar nicht in Betracht gezogen haben, weil es für sie selbstverständlich war, füreinander da zu sein.
Nur keine Panik!
Zunächst einmal müssen Sie im Gespräch mit den Eltern, dem Arzt bzw. dem sozialen Dienst im Krankenhaus herausfinden, was die Eltern (hier stellvertretend für die Pflegebedürftigen) noch selbst können und welche Unterstützung sie wirklich brauchen. Die städtischen Beratungsangebote kommen zu Ihnen nach Hause und helfen dabei, die Hilfe und Pflege zu Hause zu organisieren. Das Angebot ist auch dann nützlich, wenn schon vom Krankenhaus eine Begutachtung als „pflegebedürftig“ erfolgt ist und ein Pflegedienst beauftragt wurde, weil die Beratenden trotzdem viele Tipps haben, wie man sich den Pflegealltag erleichtern kann oder welche Möglichkeiten zur Finanzierung der Hilfen es gibt. Sie kennen sich mit den Antragsformularen genau aus und geben Ihnen Auskunft darüber, auf was es ankommt, wenn Sie die Rechte der Pflegebedürftigen durchzusetzen wollen. Adresslisten und Broschüren zum Nachlesen halten die städtischen Beratungsangebote ebenfalls für Sie bereit. Es gibt viel mehr Angebote als die meisten auf Anhieb im Internet finden und auch für Sie als Pflegeperson haben die Beratenden nützliche Ratschläge.
Organisation
Bei der Organisation der Pflege geht es nicht nur um die Versorgung der Eltern, sondern auch um Sie und um Ihre Interessen. Die Leistungen der Pflegekasse ermöglichen keinen all-inclusive-Service für die Pflegebedürftigen. Was sonst noch zu tun ist, muss jemand anderes erledigen. Und hoppla, so selbstverständlich sich Ihre Eltern noch gegenseitig geholfen haben, ist jetzt klar, dass sie diese Hilfe nicht mehr alleine leisten können. Und wenn der Gesundheitszustand sich weiterhin verschlechtert. Was dann? Die anderen Geschwister wohnen weit weg und haben ihre eigenen umfangreichen Verpflichtungen. Der Familienrat tagt nicht mehr so oft. Den Schwiegersohn mögen die Eltern zwar, aber der ist von der Arbeit immer so k.o. Die Enkelkinder lieben zwar Oma und Opa, aber sind diesen mittlerweile auf Dauer zu hektisch. Also bleibt doch wieder alles an Ihnen hängen. Wer hat Sie eigentlich gefragt? Und Ihren Job wollen Sie auch nicht aufgeben!
So oder so ähnliche Gedanken spielen sich im Kopf der Angehörigen ab, wenn ein Pflegefall eintritt. Behalten Sie einen kühlen Kopf. Es ist nicht das erste Mal, dass Sie die Verantwortung für eine neue Aufgabe übernehmen. Dafür ist es wichtig zu wissen, um was es geht und die eigenen Grenzen zu kennen. Was die Eltern tatsächlich brauchen, steht im Pflegegutachten. Im Kontakt mit den kostenlosen Beratungsangeboten erhalten Sie alle Informationen, die Sie brauchen, um den Pflegealltag zu organisieren – sowohl für die Pflegebedürftigen als auch für Sie als Pflegeperson. Nutzen Sie das kostenlose Angebot zur Beratung! Die Entscheidungshilfen geben Ihnen Sicherheit im alltäglichen Handeln und die Beratung macht den Umgang mit den Pflegebedürftigen entspannter, welche ihre eigenen Fragen, Ängste und Sorgen haben. Wenn Sie es bislang vor sich hergeschoben haben, ist spätestens jetzt der Zeitpunkt gekommen, Vorsorgeregelungen zu treffen.
Versuchen Sie alles, was Ihnen wichtig ist und Ihnen Spaß macht, weiterzuleben: ob es der Yoga-Kurs, das Kegeln, Ihre Berufstätigkeit, die Freizeitaktivitäten mit den Kindern oder etwas anderes ist. Ihre Ausgeglichenheit, die Ruhe, die Sie ausstrahlen und die Anregungen, die den Alltag mit kleinen Geschichten und Erlebnissen bereichern, werden Sie stark machen für die häusliche Pflege, für den Umgang mit den Pflegebedürftigen und für die Organisation aller Hilfen. Rufen Sie weiterhin den Familienrat ein, um auch die anderen Angehörigen teilhaben zu lassen und weiterhin für die Eltern da zu sein. Damit können Sie viele Ärgernisse von vorneherein vermeiden. Denn nicht jede Entscheidung im Pflegealltag ist für Außenstehende auf den ersten Blick nachvollziehbar, muss aber getroffen werden, weil die Lösung der Probleme oft keinen Aufschub duldet. Mit jedem Verzicht auf die angenehmen Seiten des Lebens wird Ihre Belastbarkeit geringer. Also nutzen Sie alle Beratungs-, Entlastungs- und Entspannungsmöglichkeiten, dann werden Sie mit Sicherheit Ihre pflegerische Aufgabe bewältigen, ohne selbst dabei krank zu werden.
Selbsthilfe & Angehörige: Selbsthilfe
Selbsthilfe hat den Grundgedanken, persönliche Probleme aus eigener Kraft beziehungsweise zusammen mit anderen Menschen mit gemeinsamer Anstrengung zu bearbeiten. Selbsthilfe ist eine Hilfeleistung durch Eigeninitiative und Eigenverantwortung, die unentgeltlich erbracht wird und für die keine spezielle Ausbildung erforderlich ist - dadurch unterscheidet sie sich von der Fremdhilfe. Sie kann während einer Krankheit eine gute Ergänzung zu professionellen Hilfsangeboten darstellen. Auch vermag sie dabei zu helfen, dass Wiedererkrankungsrisiko von Patienten zu senken oder auch Angehörigen den Umgang mit einer schwierigen Lebenssituation aufgrund einer Erkrankung in der Familie zu erleichtern.
Bei der Selbsthilfe in Gruppen können die Erfahrungen und Kompetenzen von gleichfalls Betroffenen, Erkrankten, ehemaligen Erkrankten sowie von Angehörigen genutzt werden, um durch Informationsaustausch und gleichberechtigte Zusammenarbeit eine gegenseitige Hilfestellung oder Wertschätzung zu erfahren.
Kraftquellen
Kraftquellen braucht man, um die vielfältigen Aufgaben im Leben zu meistern. Sie helfen, Belastungen und Ärgernisse besser zu verarbeiten. Pflegende Beschäftigte, deren gewohntes Leben sich durch plötzliche Pflegebedürftigkeit ihres Angehörigen verändert, können in eine Lebenskrise geraten. Kraftquellen helfen, solche Krisen zu überstehen und neue Energie zu schöpfen. Jeder Mensch hat eigene Kraftquellen, die es gilt herauszufinden.
Dabei können diese Fragen helfen:
- Was gibt mir Kraft (um eine Krise durchzustehen)?
- Für was lohnt es sich, morgens aufzustehen?
- Was lässt mich wieder hoffnungsvoll in die Zukunft blicken?
- Wofür bin ich dankbar?
- Was tut mir gut?
- Was zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht?
- Was lässt mich ruhig werden?
- Was entspannt mich?
Es gibt viele Bereiche im Leben eines Menschen, die zur Kraftquelle werden können. Eine Vielzahl von Kraftquellen finden Sie in diesem Kapitel, denn jede Selbstsorgemaßnahme kann gleichzeitig für den einen oder anderen Menschen eine Kraftquelle sein.
Sinn
Die Frage nach dem Sinn ist eine der wichtigsten Ressourcen (Kraftquellen) für pflegende Angehörige. Sie kann viele Türen öffnen und Halt geben. Wer einen Sinn im Leben hat, kann daraus sehr viel Kraft ziehen. Die Sinnfrage wird für jeden Menschen individuell beantwortet; auch hier muss man genau hinschauen:
Was ist für mich im Leben besonders wichtig und was gibt mir Kraft?
Viele Menschen finden ihren Lebenssinn im Glauben, andere sehen ihn in Beziehungen oder darin, für einen geliebten Menschen da zu sein, und wieder andere möchten auf der Welt etwas verändern. Es ist wichtig, die Sinnfrage zu klären, da dies viele Defizite ausgleichen und Halt geben kann.
Lebensfreude
Bei allem, was Sie pflegenden Beschäftigten für ihre Selbstsorge empfehlen, sollten Sie immer darauf hinweisen, dass Spaß, Genuss und Freude im täglichen Leben ebenfalls zu einer gestärkten Resilienz und natürlich zu einem Leben mit mehr Freude beiträgt.